Eine neue Skulptur schmückt das Kindergrabfeld auf dem Friedhof am Hörnli

Das Kindergrabfeld auf dem Friedhof am Hörnli hat seit Ende Oktober ein ausdrucksstarkes Wahrzeichen: Auf dem sich in einem Geviert befindenden Gemeinschaftsgrab symbolisiert eine dreiteilige Skulptur des Basler Bildhauers und Künstlers Roman Müller die Verbindung der Welten der Lebenden und Toten.

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Das Kindergrabfeld auf dem Friedhof am Hörnli verfügt über vier Teile. Drei Teile entsprechen dem bekannten Raster mit Reihengräbern, das man auch andernorts auf dem Friedhof findet. Der vierte Teil ist eine Wildblumenwiese. Dort befindet sich das Gemeinschaftsgrab, wo hauptsächlich Sternenkinder – auch Schmetterlingskinder genannt – ihre letzte Ruhe finden. Sie werden ohne Namensnennung beigesetzt. Die Abteilung Friedhöfe Basel der Stadtgärtnerei hat den Basler Bildhauer Roman Müller beauftragt, für dieses Feld eine Skulptur zu schaffen, die religionsneutral und unaufdringlich ist. Das Kunstwerk dient einer besseren Orientierung: Es ist Zeichen dafür, dass sich in diesem Geviert das Gemeinschaftsgrab befindet – auf eine weitere Bezeichnung wird bewusst verzichtet – und stiftet dem Ort Identität.

Seit Ende Oktober schmückt nun eine dreiteilige Skulptur das Gemeinschaftsgrab der Sternenkinder. Die drei Teile sind als Einheit zu verstehen und ergeben zusammen ein Ganzes. Die Skulptur gleicht nicht einem Grabmal, sondern verläuft in einer geschwungenen Linie über einen Teil des Feldes. Es nimmt die Bewegung der Wiese auf und erscheint je nach Jahreszeit grösser oder kleiner. Bei hohem Grasstand versinken die drei Teile mehr oder weniger zwischen den Gräsern und sind kaum mehr auszumachen. Ist das Gras gemäht, erscheinen sie wieder in voller Grösse. So entsteht ein Rhythmus und widerspiegelt das Wechselbad der Gefühle der Hinterbliebenen – Trauer und Vorwärtsschauen, loslassen und dennoch niemals vergessen.

Die aus hellem, fast weissem, grobkörnigem Marmor erschaffenen Steinkörper weisen Höhen von 85, 70 und 60 Zentimeter auf. Der Marmor stammt aus einem Tessiner Steinbruch. Roman Müller liess sich von Knospen inspirieren und meisselte blumenartige Gebilde, die sich harmonisch in die Wiese einfügen. Das kleinste Element kommt rudimentär daher – drei einfache ineinander verschlungene Bögen. Das zweite und dritte Element nehmen an Komplexität zu, werden differenzierter und detaillierter. Die drei Elemente erzeugen eine Entwicklung und legen an Charakter zu. Fast scheint es, als übernehmen die drei Figuren die Bewegungen der sie umgebenden Gräser und bringen so zusätzliche Dynamik auf das Grabfeld. Fängt der weisse Marmor die Sonnenstrahlen ein, strahlt und glitzert er. Die dahinter entstehenden Schatten bereichern die Wiese mit zusätzlichen Blumen. So sind die Figuren Verbindungshilfen von unten nach oben und umgekehrt, quasi ein Bindeglied zwischen Himmel und Erde.

Für Kinder, die tot auf die Welt kommen und leichter als 500 Gramm sind oder 22 Schwangerschaftswochen nicht erreichen, erfolgt kein Eintrag im Personenstandsregister. Demzufolge war ursprünglich nicht vorgesehen, Sternenkinder zu beerdigen. Wenn die Eltern jedoch explizit eine Beisetzung wünschten, war dies seit 1997 auf dem Hörnli in Basel möglich. Da wo die Eltern nicht darauf bestanden haben, wurden sie mit weiteren humanen Teilen kremiert und an einem nicht spezifischen Ort beigesetzt. Die Spitalseelsorge des Universitätsspitals Basel und die Abteilung Friedhöfe Basel der Stadtgärtnerei bewirkten eine Änderung dieser Praxis. Seit zwei Jahren erfolgt die Einäscherung von Sternenkindern, welche nicht registriert werden können und nicht durch die Eltern beigesetzt werden, separat. Seit letztem Jahr können Eltern, Verwandte und weitere Trauernde einer feierlichen Beisetzung mit anschliessendem Gottesdienst beiwohnen. Der Anlass findet einmal jährlich jeweils am zweiten Dienstag nach Ostern statt.

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